04. 08. 2014   Auf´s Blatt  
       

Nachdem ich den Bock aufgebrochen und im Pick-Up versorgt habe, bleibe ich bis zum Einbruch der Dunkelheit in der Kanzel. Da ich nur einen Bock frei habe, blatte ich nicht mehr. Dennoch habe ich einen guten Anblick: ein Jahrling streift vorüber und ein mehrjähriger Bock, auf den plötzlich aus dem Wald der Platzbock losgeht, den F. bisher nicht erlegen konnte: ein ungemein starker Bock mit einem Geweih, das 500 - 600 g haben muss. Nachdem er den jüngeren Bock vertrieben hat, genießt er seinen Erfolg und steht auf 150 Meter breit. Ich erlege ihn virtuell.

Die Sauen, auf die ich gewartet habe, kommen nicht. Vermutlich tauchen sie auch später nicht auf. Sie stehen gewiss im Mais. Dort geht es ihnen gut.

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1800 Uhr. Ich stelle den Pick-Up auf dem verwachsenen Waldpfad ab. Hüfthoch stehen Gras und Kräuter auf dem Streifen zwischen den Radspuren. Die Zweige der Bäume und Büsche neigen sich von beiden Seiten über den Pfad und bilden einen grünen Tunnel.

Bevor ich aus dem Wald trete, halte ich inne. Hochsommerabend. Trockene, windstille Hitze lastet auf dem Stoppelfeld, das vor mir liegt. Nach Norden hin steigt es sanft an. Ein schmaler Streifen, der mit Kraut und niedrigem Unterholz bewachsen ist, teilt es in zwei große Flächen, die jeweils zu einem Wald hin absinken. Die Grillen zirpen ohrenbetäubend.

Große Einsamkeit, fern geschäftiger Zivilisation. Hier in Ungarn kannst du das noch erleben.

Langsam, zutiefst im Frieden und eins mit all diesen Umständen, gehe ich auf die Kanzel zu. Sie steht etwa hundert Meter weit auf dem Streifen zwischen den Feldern.

Ich lehne die Büchse an die Bretterwand und verschließe die Tür. Die Sichtöffnungen der Kanzel sind fensterlos. Ich werfe einen prüfenden Blick in die Runde --- holla --- ich führe das Glas an die Augen --- ja, eine Geiß --- etwa 200 Meter --- dahinter --- ein Bock --- ein kräftiger Bock --- starke, hohe Stangen --- nahezu schwarz --- sparsam vereckt --- ein junger Bock ist das nicht.

Die Geiß ziert sich, läuft weg, der Bock hinterher. Sie bleibt stehen, auch er hält an. Nun sind beide noch weiter entfernt als zuvor.

Ich blatte. Kaum habe ich die Serie beendet, sehe ich ihn heranstürmen. Ich habe gerade noch Zeit, in den Anschlag zu gehen und die Büchse zu spannen. In einer Entfernung von etwa sechzig Metern verharrt er hinter einem Strauch, der am Feldrand steht. Nur ein Fleck seiner Decke schimmert an einer Stelle durch.

Reglos behalte ich diesen Fleck im Auge. Zwischen den Zweigen starrt er gewiss genau in meine Richtung.

Dann bewegt sich der Fleck und verschwindet. Kommt der Bock jetzt aus der Deckung?

Ja. Aber er kommt nicht in meine Richtung. Er hat kehrt gemacht und hält Ausschau nach seiner bisherigen Favoritin. Er steht etwas schräg, aber jetzt muss es schnell gehen.

Ich steche ein, visiere knapp hinter´s Blatt. Schuss. - Er bleibt im Feuer. Die Geiß nähert sich dem Anschuss und zieht knapp vorbei. Dann hält sie inne und blickt zurück. Zögernd zieht sie weiter und wirft erneut einen Blick zurück über die Schulter.

Ich habe mich nicht getäuscht: Ch. und J. schätzen das Alter des Bocks am nächsten Tag auf 5 - 6 Jahre.

 

Horrido!