19. 12. 2008   "So ist die Jagd!"  
       

Ich frage, wird es schöner sein
Wenn laut im Wald
der Lenz erwacht
Wenn duftge Kräuter sprießen
Und blau der Himmel lacht

Wenn Wanderlust
das Thal durchrauscht
Die Axt erklingt
das Tagwerk schallt
Und dieser weiße Frieden
Verschwunden aus dem Wald?

Ludwig Eichrodt

Ein alter Schaufler ist ein stattliches Thier und wird bis 250 Pfund schwer, das Geweih zählt bis zu 30 Enden, nach denen aber der Damhirsch nicht angesprochen wird, sondern man taxirt und bezeichnet ihn nach den Jahren. Das Schaufelgeweih bildet sich erst im fünften Jahr aus. Der Spießer setzt im folgenden Jahre ein Geweih von 6 bis 8 Enden auf. In der Brunftzeit, welche der des Edelwilds folgt, schreien die Hirsche oder Damböcke, wie sie auch heißen, in kurzen Tönen und bei weitem nicht so stark wie ein Edelhirsch. Sie kämpfen dann lebhaft miteinander und sind auch sonst zum Scherzen und Raufen aufgelegt und besonders im Frühjahr vor der Zeit des Abwerfens, welche bei den stärkern Hirschen zu Ende April und in den Mai fällt. Sonst ist das Damwild harmlos und gutmüthig.

Franz von Kobell, Wildanger, 1859

Der Acker leuchtet weiß und kalt
Der Himmel
ist einsam und ungeheuer
Dohlen kreisen über dem Weiher
Und Jäger steigen nieder vom Wald

Georg Trakl

Vor Kälte ist die Luft erstarrt
Es kracht der Schnee
von meinen Tritten
Es dampft mein Hauch
es klirrt mein Bart
Nur fort, nur immer fortgeschritten!

Wie feierlich
die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint
die alten Fichten
Die, sehnsuchtsvoll
zum Tod geneigt
Den Zweig zurück
zur Erde richten.

Frost! friere mir
ins Herz hinein
Tief in das heißbewegte, wilde!
Dass einmal Ruh
mag drinnen sein
Wie hier im nächtlichen Gefilde!

Nikolaus Lenau

... und das ist er

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Es ist fünf vor sechzehn Uhr, als Chappi eintrifft. Eine Stunde später als vereinbart. Er tuckert mit dem Suzuki an. Der alte Mercedes G muß repariert werden, erklärt er mit wilden Gesten. Ich soll mir Schlafsack und Decke mitnehmen und in der Kanzel übernachten, zu der er mich führen will.

Schnee liegt in Bakonysarkany. Ohne Schnee wäre eine Fahrt in Dieters Revier schon ziemlich sinnlos. Soeben ist die Sonne hinter fahlen Wolken untergegangen.

Da wir in Lenin Major vorerst nicht jagen hat Dieter uns vor drei Wochen zu einem Riegler ins Nachbarrevier eingeladen. Zu Schuss gekommen bin ich allerdings nicht - im Unterschied zu Hluboka zwei Wochen zuvor: da habe ich zwei Überläufer gestreckt.

Die zum Riegler gelöste Jagdkarte ist bis Weihnachten gültig. Dieter hat mich daher ein zweites Mal eingeladen.

Auf der Kanzel übernachten? Ich zögere einen Augenblick, dann stimme ich zu. Meine Schlafstätte im Jagdhaus ist kaum wärmer. Es dauert Stunden, allein den ausgekühlten Wohnraum zu temperieren. Das Holz ist überdies knapp. Wenn ich heute Holz spare, kann ich morgen untertags tüchtig heizen.

Chappi stopft den Rucksack, den Schlafsack und die Decke hinter die Sitze. Ich klemme die Büchse zwischen die Schenkel und falte mich in das Geländewägelchen. Chappi rumpelt los.

Es geht Richtung Aka auf der Straße durch den Ilda-Wald, der unser früheres Revier von Dieters Reich trennt. Auf der Höhe des Braunen Kreuzes biegt Chappi ein. Nach kurzer Fahrt durch den Stangenwald öffnet sich ein Schlag, der da und dort schon verbuscht. Wir durchfahren eine Senke und Chappi quält den Suzuki auf die gegenüberliegende Anhöhe. An einer hochgewachsenen Hecke steht dunkel die Schlafkanzel.

Dann bin ich allein. - Sakra! Die Lampe liegt im Jagdhaus. Ich orientiere mich im Lichte des Displays meines Mobiltelefons. Die Kanzel ist geräumig, die Liege mit einem harten, schwarzen Schaumstoff nach unten und zur Außenwand hin isoliert. Auflage für die Schusshand aber an keinem der vier Fenster.

Ich funktioniere eine pultartige Kopfstütze um zu einer Fußrast. So kann ich die Schusshand am Knie auflegen, zumindest wenn ich links hinauf zur Saukirrung... Da steht doch was! Ich taste nach dem Glas.

Ein Hirsch? Ein... Damhirsch? Ja. Seine Silhouette hebt sich deutlich von der Schneedecke ab.

Äugt er her? Ich bewege mich nicht. Da senkt er das Haupt und nimmt auf. Ich schlage lautlos an, fahre den Vorderlauf hoch, rücke hinters Blatt, fixiere die Schusshand am Knie, ziehe das Züngel durch.

Als der Schuss bricht, erstarrt der Hirsch. Dann wirft er sich herum und stürmt in den Hag. Mit freiem Auge folge ich ihm durch die dunklen Schopfe im Schnee aus hochgeschossenem Kraut und Gehölz. Jetzt verschwindet er. Ist er gestürzt?

Auch das Glas verhilft mir zu keiner Klarheit. Der Hirsch hat nicht gezeichnet. Dennoch bin ich sicher, getroffen zu haben. Angesichts der zunehmenden Dunkelheit entschließe ich mich, sofort nachzusuchen.

Zum Anschuss geht es rund hundert Meter hinauf. Hier muss... ja! Dunkle Tupfen! Im Schnee ist der Fährte mit Schweiß leicht zu folgen... wie weit denn noch... Da! Hoho!

Ein guter Schaufler! Kein kapitaler, aber ein ziemlich guter Schaufler mit beträchtlicher Auslage. Sechster oder siebter Kopf, schätze ich. Liegt auf der Einschussseite. Tadelloser Kammertreffer mit Ausschuss. Dennoch an die sechzig Schritt geflüchtet. Ein weiterer Beleg dafür, wie schusshart Damhirsche sind.

"So ist die Jagd!" pflegt getröstet zu werden, wer wie Breughels Jäger im Schnee kopfhängend heimkehrt. Diesmal aber klingt der lästige Spruch mir im Ohr wie Triumph: unverhofftes Jagdglück zum Jahresende!

Ich breche das Stück auf, trenne das Haupt ab, nehme es mit zur Kanzel und befestige die Stangen mit der Leine an der Kreuzung der Streben: kein Fuchs, keine Sau soll da ran.

Mittlerweile ist starker Wind aufgekommen und es regnet. Ich bin froh, ins Trockene zu kommen. Ich esse Brot und Hartwurst und trinke eine Dose Bier dazu. Achtzehn Uhr. Noch dreizehn Stunden, bis Chappi mich abholt.

Der Sturm peitscht den Regen stundenlang gegen die Kanzel. In heftigen Windstößen erzittert sie immer wieder. Ich genieße das Gefühl der Behaglichkeit, das sich einstellt, wenn man sich wie in einer Muschel geborgen fühlt.

In dieser langen Nacht liege ich öfter wach. Erinnerungen wechseln mit Plänen, Phantasien mit Träumen. Von Zeit zu Zeit wische ich die angelaufenen Fenster ab, halte Ausschau. Gegen Mitternacht schon hat der Regen den Schnee bis auf wenige Flecken weggewaschen. Es ist rundum dunkel.

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Kaum tagt es, kommt Chappi angetuckert. Meine Hoffnung, im Morgenlicht allenfalls noch ein Reh zu erlegen ist dahin. Chappi ist begeistert. Ob ich sonst kein Wild gesehen habe? Nein? Warum ich noch immer keine Lampe an meinem Gewehr habe? Egal. Der Aufbruch ist unberührt - kein Fuchs, keine Sau war dran. Wir hieven das Wildbret in den Wagen. Ich bin zutiefst zufrieden.

 

Horrido!